Kerstin fällt tief runter (Tandemsprung am 29.5.2010)


Fliegendes Personal: Kerstin Beyer

Bodencrew: Uli Franke, M+M Johne, Gudrun Johne, Stefan Laub, Ines Schmidt, Norbert Henning


Fotos: Ines Schmidt

Text: Norbert Henning


Ich weiß nicht, ob Ihr es schon wusstet, aber Kerstin ist im letzten Jahr Fünfzig geworden. Auch wenn man es ihr nicht ansieht. Natürlich wollte sie an diesem besonderen Tag auch etwas Besonderes erleben, und so entstand die Idee von der Annapurna-Umrundung (siehe Nepalbericht), an der dann noch einige Bergfreunde teilnahmen. In der Folge ergab sich die Frage, was kann man jemandem zum Geburtstag schenken, wenn man alles dazu wochenlang auf dem Rücken tragen muß? Ich hatte mal gehört, dass Kerstin schon lange von einem Fallschirmsprung geträumt hatte, und das passte sehr gut zu dem Annapurna-Geburtstag: einen Gutschein für einen Tandemsprung kann man auch um die Annapurna tragen. Gesagt, getan. Besorgt, getragen, geschenkt, jetzt musste nur noch gesprungen werden.

Das erwies sich als unerwartet langwieriges Unterfangen. Nicht etwa, weil Kerstin kalte Füße bekommen hätte! Nein, einmal war der Himmel bewölkt (es darf nur gesprungen werden, wenn mindestens 4/7 des Himmels unbewölkt sind) und als dann, beim zweiten Anlauf, die Sonne schien, ging das Flugzeug kaputt. Da standen wir hinter Bautzen, gespannt wie die Flitzbögen, auf dem Flugplatz und der Mann sagte uns: es geht leider nicht. Die Maschine ist eben kaputt gegangen! Na, immer noch besser, als wenn das in der Luft passiert!

Wir hatten uns aber schon beim ersten Mal auf eine Siegesfeier eingerichtet, d.h. Sekt, etwas zu essen, Gläser, Tische und Campingsessel waren immer dabei. Nun wäre das Essen ja verdorben, und deswegen mussten wir es, ob Sprung oder nicht, schließlich aufessen. So trocken schmeckt das Zeug nicht, also wurde der Sekt auch alle. Beim zweiten Mal dasselbe, nur hatten wir dieses Mal auch noch Kuchen mit. Und einen Leuchter mit Kerze, wegen der feierlichen Stimmung und so. Zwei schöne Tage, auch ohne Sprung.


Am 29. Mai sollte nun der dritte Anlauf gewagt werden. Wir waren ausgerüstet wie immer: Sessel, Tische, Zwiebelkuchen, Sahnekuchen, Sekt, Espressokocher und –Tassen, die ganz normale Sprungausrüstung eben. Und mit der sicheren Erwartung, noch oft in dieser Runde so auf dem Flugplatz zusammen zu sitzen, bis irgendwann einmal alles klappen würde. Im Stillen dachte jeder, dass die Freizeitplanung für die nächsten Wochen klar wäre: Abfahrt Bautzen Ost, Flugplatz, Scheißwetter oder ein anderer Grund, Festtafel aufbauen, Essen, Trinken, Rumblödeln, nach Hause. Aber dieses Mal kam alles anders.


In Dresden war der Himmel dicht. Keine Chance. Kerstins Anruf in Bautzen: hier siehts gut aus, kann losgehen! In Tschechien, kurz hinter Zittau, wo ich bis 14.30 Uhr war: Himmel nur teilweise bedeckt. Also alle los, fliegendes und Bodenpersonal. Hinter Bautzen wolkenloser Himmel und Windstille! Nun hatten aber andere Sprungkandidaten teilweise noch länger gewartet und waren vorher dran. Die Maschine, eine Art fliegende Gartenbank, war pausenlos im Einsatz. Als ich aus Tschechien in letzter Sekunde ankam große Aufregung beim Bodenpersonal: Du kommst genau richtig, da ist sie, da rollt sie, Kerstin war in der Maschine auf dem Weg zum Start!

Den Bildern ist anzusehen, dass der Tandempilot irgendwie unsicher ist. Er erklärte Kerstin vorher alles, Verhalten beim Aussteigen, in der Luft, bei der Landung und: nichts. Garnichts. Keine Angst, keine Unsicherheit, kein „Uli, ich will nach Hause!“. Der Mann war irritiert. Dazu die Witzeleien des KVL-Bodenpersonals. Sowas schien ihm noch nicht passiert zu sein. Aber er hielt sich gut und es ging los.

Dann erschienen irgendwann die Schirme in der Luft. Langer Flug, perfekte Landung und eine strahlende Kerstin! Sie hat wirklich alles genossen, jede Sekunde. Den Ausstieg, den freien Fall (etwa 30 Sekunden), den Fallschirmflug und die Landung. Man sieht es den Bildern an. Eine glückliche Frau. Nach eigener Aussage hat sie auch vor jedem Sprungversuch gut geschlafen, keine Probleme.

Ich kann nur jeden vor dieser Frau warnen: Nerven aus Stahl.


Jetzt müssen wir uns doch noch etwas Neues für die Wochenenden ausdenken.




        Ein Flugprofi

             Kerstin wird angezogen

             Wir fangen oben an...

             Dann gehts runter...

              Der Sprung endet unten

    Junge, ich tu dir doch nichts

  Ätsch, ich darf springen

   Hutprobe

    Jawohl meine Herren

                                              Auf dem Weg zum gelben Vogel

      Deswegen heißt das ja Tandem

             Und so steigen wir aus

       Guten Flug

      Bodenpersonal

    Dahinten kommt die Maschine     

    Kerstin  im Anflug

    Gleich sind sie unten

     Wieder festen Boden unter den Füßen

     Von mir aus gleich noch einmal

    War sie auch schön artig?

                                       Kurze Ansprache