KVL51

Karin und Wolfgang Grübner zum 80. Geburtstag im Jahr 2017
 

Wolfgangs Elternhaus steht in Burkhardswalde, aber schon als junger Mann ging er 1955 nach Greifswald, um Medizin zu studieren. Dort lernte er Karin kennen und blieb mit ihr elf Jahre in Mecklenburg. Danach zogen sie beide nach Dresden, denn Wolfgang absolvierte hier seine Facharztausbildung und Karin konnte an einer Fachschule unterrichten. Mit der Familie einer Kollegin von Wolfgang gingen sie manchmal in der Sächsischen Schweiz wandern und als sie am 1. Juni 1977 zur Grenzplatte wanderten, war auch ein Seil zur Hand. So standen an diesem Tag einige kleine Klettereien, z.B. Kleiner Grenzturm und Grenzkegel, abends noch die Mühlenwächter an.  Wolfgangs Interesse war geweckt. Wo kann man diesen Sport richtig erlernen? In einer Zeitungsannonce las er von einem Kletterlehrgang an der Pädagogischen Hochschule in Dresden. Wolfgang stand dann dort in einem Hörsaal voller junger Leute und ein Ausbilder fragte ihn, was er hier wolle. Nun, er wollte das Kletterhandwerk erlernen und an einen Kletterklub vermittelt werden. 

Nach dem Kletterkurs rief dann Herbert Rudolf bei ihm an, ob er mit ins Bielatal zum Klettern käme. Danach folgten noch viele Bergfahrten mit Franz Menzel, Herbert Rudolf, durch den Wolfgang auch Inge und Wilfried Sparmann kennenlernte. Das Klettern wurde zur Leidenschaft.
1979 trat er in die Klettervereinigung Lokomotive 51 ein. Mit Franz Menzel entstand eine über  ein Jahrzehnt bestehende, enge Kletter-
gemeinschaft. Durch Franz lernte er Fritz Weidmann kennen,den er hoch schätzte.
Zunehmend kletterte er mit seiner Frau und auch den Töchtern. Die Schwierigkeiten, die er im Vorstieg bewältigen konnte, stiegen an und so verwundert es nicht, dass er ständig Nachsteiger suchte. Nach nunmehr 40 Kletterjahren kann Wolfgang auf eine stolze Statistik zurückblicken: Insgesamt über 7000 Kletterwege in verschiedenen Gebirgen, davon 5000 Wege in der Sächsischen Schweiz, davon wiederum 3600 Vorstiege.
Kletterreisen führten 1981 und 1989 in den Kaukasus, nach Bulgarien 1983 (Maljoviza) und 1985 (Vratsa). In die Tiroler Alpen 1990 mit einer Besteigung des Piz Buin. 2001 folgten acht Wochen Australien und eine Türkeireise, 2002 Jordanien (Wadi Rum) und Südafrika/Namibia mit einer Besteigung der Spitzkoppe, gemeinsam mit Hasso Gantze und Helmut Richter.

Besonders stolz ist Wolfgang auf seine Vorstiege am Höllenhund, insbes. Talseite und Violette Verschneidung, sowie Teufelsturm, AW und Talseite.
Seit 2006 sind wir auch oft mit ihm geklettert und selbst jetzt im 80. Lebensjahr ist sein Kletterstil noch elegant und wir können uns vorstellen, wieviel Spaß ihm die Vorstiege in den 80iger und 90iger Jahren im VII. und VIII. Grad bereitet haben. 

Unsere Klettervereinigung hat seit 2004 eine eigene Webseite und seitdem betreut Wolfgang diese Seite und schmückt sie mit Berichten und Bildern. Genauso Karin, die von 2004 bis 2015 die Protokolle unserer Klubsitzungen geführt hat.

               Mai 2017                                                                                                                                 Uli Franke

 


Auszüge aus Karin's Bericht, den sie im Januar zu einer KVL Sitzung vorgetragen hat werden das Bild dieser beiden Bergsteiger noch wunderschön ergänzen:


Erste Klettererfahrungen sammelten Karin und Wolfgang mit der befreundeten Familie Schuster und Petzold.
"1977, 40 Jahre alt, waren Wolfgang und ich ...zum ersten Mal  klettern. Richtig mit Seil gesichert. Hochklettern ging ja noch, dann kam das Abseilen - aber oben geblieben ist ja noch keiner."

So begann Karin's Resümee, welches sie anlässlich ihres Geburtstages und ihres Entschlusses, dass der Kletterei nun genug sei, gezogen hat. Ab jenem Tag vor vierzig Jahren veränderte sich ihr Leben grundsätzlich. Ihr Mann hatte Blut geleckt. Am Wochenende ging er klettern oder hatte Klinikdienst. Sie hatte die Wahl, entweder am Wochenende die Arbeiten ihrer Studenten zu korrigieren oder mit hinauszuziehen und die anfallenden Aufgaben unter der Woche zu erledigen.

"Was tun? Um die Ehe nicht zu gefährden, beschloß ich, mit in die Sächsische Schweiz zu fahren..."
"Ich war an der Küste groß geworden, kannte die Boddenlandschaften, die Ostsee, das Fischland, den Darß. Diese weiten Landschaften waren mir vertraut mit Sturm, starkem Wellengang, Nebel, Regen, duftendem Heidekraut, Wachholderbeeren und Pfifferlingen. Aber hier in der Sächsischen Schweiz die engen Pfade, geahnte Spuren, die vielen eng stehenden und einem die Sicht nehmenden Bäume, dieses unentwegte Rauf und Runter im Gelände. Dazu ständig die Angst, den Anschluss an die vorausstürzenden Männer zu verlieren - das war wirklich starker Tobak für mich."

Anfangs ging sie einfach mit, ausgerüstet mit Buch, Bleistiften und Papier. Eine Decke für die "Kuschelkuhle", aber gebirgstaugliche Kleidung und Wanderschuhe fehlten ersteinmal. Trillerpfeife und Messer zur Wildschweinabwehr waren immer mit dabei. Stand manchmal ein leichter Kletterweg an, nahmen die Männer sie mit auf den Gipfel.


Auch heute findet man Karin noch manchmal in der Kuschelkuhle
 "1980 meine erste lll. Franz Menzel führte mich am 1. Mai auf den Scholzentalwächter in Jetrichovice im Böhmischen. Ich nutzte meinen ersten Untergriff und erinnere mich noch heute an das Gefühl von Stolz. Es war eine Querung nach links und dieser Griff saß dort goldrichtig. Es war mein 12. Weg damals und es begann mir Freude zu bereiten."

Nun war auch ihr Ehrgeiz geweckt, sie begann ein Kletterheft zu führen und ließ sich  nicht mehr so leicht vertrösten. Waren es bis 1980 noch 30 Wege, so ging es 1981 mit 42 Wegen weiter. Die Schwierigkeiten stiegen an: Erste lVer Wege, wie die Genießerspalte auf den Meurerturm, erste V, der Ostriß am Hinteren Bielaturm. Die erste Vl, den Neuen Talweg auf die Falkenwand führte am 9.8.81 wiederum Franz Menzel.


Mit Lilo Kunze in Rathen

Auf dem Steinbruchturm in Raitza 1980 mit Franz Menzel und Herbert Rudolf

Auch eine Reise in den Kaukasus mit der Besteigung eines 3450m hohen Gipfels stand 1981 an (Bild daneben: Kristallpaß, Semjonov Baschi - Kaukasus). Am Horizont der Elbrus.


Maljovitza, Bulgarien 1983, mit Renate Bär
1982 wurden es schon 82 Wege. Wolfgang und Karin kletterten mit ihren beiden Töchtern, oft mit Franz Menzel, Winfried Sparmann, Herbert Rudolf und mit KVL 51.

"Es war unumkehrbar geworden. Der Klettersport dominierte unser Leben. Er half auch ... die Mühen des Alltags an einer Fachschule der DDR zu bewältigen. Montags früh...war der Kopf ganz klar und die Probleme nur so groß, wie sie wirklich waren."

In jenem Jahr 1982 standen sie auch in der Hohen Tatra auf drei Gipfeln. Im Hochsommer kletterten sie an 7 Tagen auf 21 Gipfel im Zittauer Gebirge.

"Inzwischen hatte sich noch etwas geändert: Wolfgang der ewige Nachsteiger von Franz Menzel wollte auch vorsteigen.  So wurde ich für lange Zeit zur Sicherungsfrau und Nachsteiger meines Mannes. Wir waren ein gutes Team."

1983 kletterte Karin ihre ersten Vller Schwierigkeiten, z. B. die Südkante auf den Paradiesturm im Cesky Raj, die Reibungskante auf das Urvieh im Schmilkaer Gebiet oder der Juniweg auf den Förster. Auch im Rilagebirge kletterten sie mit Freunden aus Leipzig und Berlin. Bis 1986 kam Karin auf insgesamt 486 Wege.

Am Südweg der Kleinen Herkulessäule VIIa mußte Karin einen Seilpendel einplanen, der Quergang war zu schwer und Wolfgang außer Hörweite, schon oben. Mit dem Pendel konnte sie die linke Eisenrippe ergreifen und weiterklettern, um die Schlingen einzusammeln.



Hohe Tatra 1986

Nach der Besteigung des Teufelsturmes über den Alten Weg



Von 1989 bis 2006 erreicht Karin ihr Ziel von über 1000 Wegen insgesamt.
Es kommen noch viele VIIer und einige VIIIer Wege dazu und auch einige  Vorstiege im III. und IV. Grad. Eine Reise in das Tienschan-Gebirge mit einer Besteigung des 3600m hohen Karagai Bulan zusammen mit Mele in der Zeit, als Wolfgang im Kaukasus kletterte. Nach der Wende dann auch Kletterfahrten in die Alpen. Besteigung des Piz Buin UIAA II und Überschreitung der Löwenzähne (Vorarlberg) 1. und 3. Turm UIAA IV-.
2001 auch Klettern in der Türkei und acht Wochen Urlaub in Australien mit einigen Kletterwegen.



Wolfgang und Karin an der Krümelkante VIIIa am Westlichen Feldkopf am 1. September 1987
"Ein großes Dankeschön an meinen Mann, der durch sein Naturtalent im Klettern diese ereignisreichen Jahre erst
 ermöglicht hat. Er war stets ein zuverlässiger Planer und Vorsteiger, der wohlüberlegt handelte. Diese vielen feinen Schlingen, die ich an der Krümelkante und am Teufel, nur an
einer Finger- und Fußspitze hängend, wieder herauslösen mußte. Dank auch an die anderen Bergfreunde, die mich in ihren Weg hineingenommen haben und auch mir vertrauten."



Auf dem Teichsteinwächter 2002 mit Karlheinz Bardoux und Colin Gale, ein Kletterer, den die beiden in Australien kennengelernt haben.


Auf dem Piz Buin 1990


Klubsilvester 2006


Bielatal 15.04.2007. Wolfgang nannte "seine" Klettergruppe "die Unermüdlichen". 

Die Spitzkoppe in Namibia



Mit Hasso Gantze und Helmut Richter auf der Spitzkoppe


Fotos: Archiv KVL 51 und Wolfgang Grübner