Kurioses Erlebnis
Am 11.März 2002 bei schönem sonnigen Wetter kletterten
meine Frau und ich den Pfeilerweg am Talwächter.
Es war ein Montag, kein Kletterbetrieb, und wir hatten das ganze Rathener
Klettergebiet für uns.
Den Weg hatte ich schon ein paar mal gestiegen, dennoch erforderte er
meine volle Aufmerksamkeit. Am Gipfel
angekommen, freuten wir uns über die vollbrachte Leistung.
Beim Abseilen über die Nordwand (2. Abseilöse) bemerkte ich
einen Kletterer an der Ostkante, wie der
unbeschwert und behend wie eine Katze diese Kante ausstieg.
Ich beeilte mich und wollte noch den Nachsteiger sehen, wie dieser die
Kante meisterte.
Als wir zum Einstieg kamen, sahen wir zunächst nur einen uralten
Rucksack und ein paar Stiefel, wie ich sie
aus meiner Kindheit kannte. Mein Vater trug solche bei Feldarbeiten. Einen
Nachsteiger konnten wir nicht
ausmachen.
Zu unserer großen Überraschung sahen wir nun den "Vorsteiger"
der Ostkante, wie dieser den
Pfeilerweg zurückstieg, und zwar ohne Seil, ohne Ausrüstung
und barfuß.
Ganz schön kühn, dachte ich.
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Als er unten war, sprach ich ihn an. Sein Name war Dietmar O., wohnhaft
in Radeberg. Karin bot ihm eine
Schnitte und eine halbe Birne an. Dann erzählte er frei weg: Wegen
eines Herzfehlers und hohen Blutdrucks
- vor 10 Jahren - riet ihm sein Arzt, etwas Konditionstraining zu
machen. Er begann mit Laufübungen.
Erst kurze Strecken, schließlich bis 10 km, die er in 50 Min. bewältigte.
Später unternahm er Fahrradtouren,
die ihn auch in die Sächsische Schweiz führten, wo er eben auch
Kletterer zu sehen bekam.
Er kaufte sich einen Kletterführer und begann zu klettern. Ohne Anleitung,
ohne Ausrüstung, ohne alles.
Von jedem bestiegenen Gipfel mußte er natürlich frei zurücksteigen.
Auf diese Weise hat er über 1400 sächsische
und böhmische Gipfel bestiegen. Da er viele Gipfel mehrfach
und auf verschiedenen Wegen bestieg, liegt die
Anzahl seiner Kletterwege wesentliche höher. Gezählt hat
er nur die Gipfel.
Was die Schwierigkeitsgrade angeht, hat er sich eine Grenze gesetzt. Bis
zur VI klettert er rauf und runter,
darüber nur als Ausnahme von der Regel wie z.B. Sechserturm
Südkante.
Hilfe hat er nur einmal in Anspruch genommen, und zwar im Spreizkamin
des Herbstweges am Eckzahn.
Da hat man ihm ein Seil von oben zugeworfen. Er hätte eben sonst
zurücksteigen müssen , meinte er.
Ja, und bisher sei - auf meine Frage hin - auch immer alles gut gegangen.
Einmal sei er wohl einen Meter
runtergerutscht und hätte sich geschrammt...
Auf dem Wege zum Parkplatz nach Waltersdorf habe ich mich noch mehrfach
gefragt, ob das wohl richtig ist,
was der Mann da macht? Zumindest scheint es nicht zur Nachahmung empfohlen.
wg
und sieben Jahre später...