KVL51 - Reisebericht Nepal 2020             - Teil 1 -          - Teil 2 -           - Teil 3 -       - Teil 4 -

Vorgeplänkel - Teil 1

 

 

Ende Januar hatte ich in der SBB Kletterhalle und im YoYo jeweils einen Aushang an die Tafel gehangen, weil ich Beteiligung an einer recht abenteuerlichen Trekkingroute suchte. Geplant war eine ziemlich neue Route im Rolwaling Himal, westlich des Everest-Gebietes mit Passüberschreitungen bis zum Everest Basecamp. Diese Route wäre teilweise nur mit Zeltübernachtungen möglich und auch durch den recht anspruchsvollen Pass Tashi Laptsa besser mit einem Guide und Trägern zu empfehlen, da hier Gletscher mit Seil zu queren sind und vom Pass aus auch eine Besteigung eines Sechstausenders möglich wäre. Dafür die Kosten aufzubringen wäre in einer Gruppe möglich, aber für einen Einzelnen zu teuer.
Auf diesen Aushang meldete sich Jonas, ein 22-jähriger Student der Bergakademie Freiberg. Seine Eltern hatten Anfang der 90iger Jahre diesen Tashi Laptsa im Alleingang bezwungen, allerdings damals mit Seil, Zelt und Kletterausrüstung. Es muss recht abenteuerlich gewesen sein. Die schweren Rucksäcke, Stein- und Eisschlag zwangen zu Umwegen und schließlich mussten sie aus Zeitnot auch die Besteigung des Pachermo Peak auslassen.
So ähnlich wollte es Jonas auch durchziehen. Einmal weil er das Geld für eine geführte Tour auch nicht hat und er auf jeden Fall seine Sachen selber tragen möchte. Ich einigte mich mit ihm dann auf einen Kompromiss: Ich gehe mit ihm eine anspruchsvolle Route über drei fünftausender Pässe im Everestgebiet, allerdings nicht mit Zelt, Kochgeschirr und damit 30 kg-Rucksack, sondern in Lodges mit Vollverpflegung. Dadurch kann er das Gebirge erstmal kennenlernen und dann selbst einschätzen, ob er danach (er hatte mehrere Monate Nepal eingeplant) auf seine Art noch andere Gebiete besucht.
Sein Flug nach Kathmandu war eine Woche vor meinem und so schlug ich Jonas vor, von Kathmandu mit dem Bus nach Jiri zu fahren und von dort aus in den Fußstapfen der ersten Everestbezwinger bis Nunthala zu wandern (etwa eine Woche), dem Wohnort von Tek, wo wir uns treffen können. Dort hatte ich  eine Woche eingeplant, um einen Filmbeitrag zu unserem Projekt zur Unterstützung von Schülern zu drehen. Der Plan hat bis hierher auch wunderbar funktioniert, wie, zeige ich im Bildteil. Über das Schulprojekt berichte ich jetzt nicht so ausführlich, das kommt dann mit Film. Auch habe ich schon hin- und
herüberlegt, ob ich an dieser Stelle schon in dieser Form berichte. Dann könnte ein späterer Lichtbildvortrag nichts Neues mehr bringen.
Aber jetzt ist bestimmt jeder froh, was anderes als vom Virus zu lesen und so ein Vortrag mit Leinwand ist ja schon wegen der Bilder interessant.

 

Bericht: Uli Franke     


 
Jonas war total auf die Berge fokussiert und blieb nur zwei Nächte in Kathmandu, um sich mit den nötigen Permits und Fahrkarten zu versorgen. Für das Sightseeing in Kathmandu hatte er sich spätere Besuche vorgenommen. Das wir sechs Wochen später in eine Geisterstadt ohne dieses Gewusel zurückkommen und auch noch das Haus nicht verlassen dürfen, wussten wir natürlich noch nicht. 
  

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Mit dem Bus erreichte Jonas dann Jiri Bazar, die Stadt, die die englische Mt. Everest-Expedition mit Sir Edmunt Hillary (Neuseeland) und Tensing Norgay (Nepal) als Ausgangspunkt ihrer erfolgreichen Besteigung wählten. Von hier aus wanderte er drei Tage bis Dakachu kurz vor den 3530 m hohen Lamjura-Pass.
Eine Erkältung zwang ihn hier zu pausieren. In fast dreitausend Meter Höhe ist eine Genesung nicht so leicht und Jonas stieg zurück bis Kinja am Fluß in 1630m Höhe. Krankenlager und -pfleger sind unten zu sehen.


Inzwischen bin auch ich in Kathmandu angekommen. Tek hat mich am Fluhafen abgeholt und für die nächsten zwei Tage wohne ich in seiner Stadtwohnung gemeinsam mit seinen Söhnen und zwei Studenten aus Nunthala. Auch ich muss mir die Trekkingpermits besorgen und Tek organisiert für den dritten Tag zwei Plätze in einem Jeep nach Salleri, fünf Gehstunden vom Ziel Nunthala entfernt. Diese Jeeps verkehren wie Busse auf anderen Strecken, aber hier hat auf Grund unbefestigter Gebirgsstraßen ein Bus keine Chance. Von dieser Fahrt existiert nur ein einziges Foto von einer relativ entspannten Stelle, ansonsten hatte ich ständig den Griff über dem Fenster fest in der Hand. Auch Tek, der diese Fahrt über 300 km mindestens viermal im Jahr macht, meinte, dass der junge Fahrer diesmal viel zu schnell unterwegs war. Hinter Fahrer und Beifahrer (war ich) saßen in zwei Sitzreihen je 4 Leute mit Gepäck und auf dem Dach türmte sich noch Handelsware neben meinem Rucksack und der Filmausrüstung. Trotz des viel zu hohen Tempos waren wir zehn Stunden unterwegs. Abends in der Lodge konnten wir alle wieder Lachen, aber eine weitere Jeepfahrt bis Nunthala, die auf Grund des schlammigen Weges in der Nacht starten sollte, weil da der Schlamm noch gefroren ist, lehnte ich kategorisch ab. 

In Tek's kleinem Gasthaus wohne ich für die nächste Woche.


Nur Bhudda, Tek's Frau und unser Gepäck wählten den Jeep. Ich startete mit Tek am nächsten Morgen zu Fuß. Wir benötigten nur eine Stunde länger als das Auto. F
ür die Rückfahrt später nach Kathmandu hatte ich mir ganz fest vorgenommen einen Flug zu nehmen.
Während ich mit Tek in den Schulen filme und unsere Schüler auch zu Hause aufsuche und bei einem Treffen mit Kindern und Eltern auch ein Teil des Geldes ausgezahlt wird, kommt Jonas wieder auf die Beine. 

Er wurde auch gleich richtig gefordert, ab 2000 m hatte es ordentlich Neuschnee gegeben und das erste Hindernis war der Lamjurapass. Umso höher er kam, desto höher musste er im Schnee stapfen.
Wie auf untenstehender Karte zu sehen ist, hat Jonas die Erkältung gut weggesteckt und unternimmt vom Lamjura La gleich noch einen Versuch, den 4067m hohen Pikey Peak zu besteigen. Bei klarem Wetter ist von dort der Mt. Everest zu sehen, aber es war kein schönes Wetter und am Ende war der Schnee so hoch, dass ein Weitersteigen einfach zu schwierig wurde. So kehrte er zum Pass zurück, übernachtete dort noch einmal und erreichte Nunthala am nächsten Abend.

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In Nunthala verbrachten wir beide noch einen "Ruhetag" an dem uns Tek in benachbarte Dörfer führte, uns sein Elternhaus zeigte und wir besuchten auch noch andere Familienangehörige. Am nächsten Tag brachen wir aber endgültig auf und Bhudda verabschiedete uns mit dem obligatorischen Schal als Glücksbringer.                                                                                                  - zum Teil 2 -      
Fotos:  Uli Franke, Jonas Hünersen, Tek Rai