KVL51 - Reisebericht Nepal 2020                  - Teil 1 -            - Teil 2 -               - Teil 3 -      - Teil 4 -                                      

Der dritte Pass und Erlebnis Heimfahrt - Teil 4

 

Bericht: Uli Franke     


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Am 21. März waren wir gegen vier Uhr zum Gipfel des Khala Pattar (5550 m) aufgebrochen und stellten fest, dass wir mindestens zwei Stunden zu zeitig oben waren. Nebenstehendes Foto schoss Jonas beim Abstieg. Gern hätte er schon die Sonne auf den durchgefrorenen Gliedern gespürt. Nach dem Frühstück setzten wir unseren Weg erstmal bis Lobuche fort. Dort gab es noch einen Tee. Die zwölf Kilometer bis Dzongla kamen mir an diesem Tag unendlich vor. Der Weg ging zwar über lange Strecken auf gleicher Höhe entlang, aber es war eben eine Höhe um 5000 m. Nach dem üppigem Abendessen fiel ich gleich ins Bett, wie oft lange bevor Jonas mir folgte.  Ein kurzes Video über eine andere Möglichkeit die Seitenmoräne vom Gletscher zu überwinden - Bild oben links anklicken!
 



Am nächsten Tag fühlte ich mich wie umgewandelt. Das Wetter war fantastisch, jeder Schritt war voller Lust. So sollte man ein langes, schwieriges Wegstück immer angehen. Nach kurzer Zeit sahen wir schon die schräge Rampe vor uns. Dort lagerten schon einige Pass-Aspiranten zum Luftschöpfen. Wir stiegen vorbei und weitaus schneller und mit weniger Herzrasen als 2015 erreichten wir den kleinen Gletscher, der oberhalb der Rampe beginnt und bis zum Cho La (5420 m) führt.
 

An diesem schönen Tag trafen wir viele von denen wieder, die wir schon bei der Passage des Kongma La oder am Everest  kennengelernt haben.
Unten: Der Gletscher war gut gespurt. Spalten gab es nur im Randbereich. Am Ende des Gletschers führt seit diesem Jahr ein mit einem Stahlseil gesicherter Aufschwung zum Pass. Dieses Seil reicht auf der anderen Seite des Passes noch einige hundert Meter hinunter.


Gegen 10 Uhr waren wir auf dem Pass angekommen und nahmen unser zweites Frühstück in Form von Keksen und Riegeln ein. Hier warteten wir auch in der Sonne, bis alle da waren. Nach einer Stunde mit angeregter Unterhaltung stiegen wir ab in Richtung Gokyo. Wir lagen gut in der Zeit und waren bereits mittags in Dragnag. In dieser Lodge wäre eigentlich diese Etappe zu Ende, aber mit unserer heutigen Lust und Laune kommen wir auf jeden Fall noch im Hellen bis Gokyo.

Hier kann man gut sehen, wie weit das Stahlseil über den steilen Hang nach unten leitet. Es hat bei der Schneelage auch sehr gut geholfen. Fünf Jahre vorher lag hier kein Schnee und wir sind mühsam von Block zu Block den Geröllhang hinuntergestiegen. Da waren wir diesmal viel schneller.
Durch die Rinne (rechtes Bild) gelangen wir nach Dragnag. Ab hier müssen wir nur noch ein paar Kilometer über den Ngzumba Gletscher nach Gokyo.



Unsere spanischen, österreicher, canadischen und amerikanischen Freunde haben uns an der Seitenmoräne, am Ausstieg vom Gletscher, wieder ein. Sie waren aber auch nicht zum Mittagessen.
Rechts daneben: Am nächsten Tag versuchten wir das Basislager des Cho Oyu zu erreichen. Aufgrund der Schneemassen konnten wir den normalen Weg unterhalb der Seitenmoräne nicht nutzen und so ging es auf der Seitenmoräne in ständigem auf und ab, teilweise bis zur Hüfte im Schnee. Nach fünf Kilometern war schon Mittag. Wir sahen uns an, ein Drittel des Weges war erst bewältigt und kehrten fast ohne Worte um.
Unten links: Unsere Lodge in Gokyo mit dem Cho Oyu am Tag unserer Abreise. Am gestrigen Abend hatten wir hier ein kleines Erdbeben. Die Lodge wackelte schon heftig, aber der Koch beruhigte uns, als wir alle zur Tür stürzten. Sowas ist hier öfter mal.



Unser Ausflug Richtung Cho Oyu wurde wegen widriger Umstände abgebrochen, aber immerhin waren wir den Spuren nach zu urteilen, am weitesten vorgedrungen. Am nächsten Tag, wir waren da schon auf dem Rückweg nach Namche Bazar, sahen wir den Cho Oyu wenigstens mal richtig, wenn wir schon das Basecamp nicht erreichen konnten.


Der nächste Tag brachte wieder Sonnenschein und auch viele Nachrichten. Nepal hat das WLAN freigegeben und so hatten wir plötzlich alle Handyempfang. Jetzt kamen die weltweiten Meldungen über die Corona-Pandemie auch bei uns an. In der Lodge hingen alle an den Nachrichten und langsam kam mir die Gewissheit, dass es jetzt nur noch Richtung nach Hause gehen kann. Unser Trekking hier im Khumbugebiet war für uns erfolgreich abgeschlossen, mit Tek kann ich mich verständigen, dass ein weiteres Trekking nicht möglich ist, wenn ich dann später vielleicht nicht mehr zurückreisen kann. Nur Jonas war noch nicht soweit. Er hatte noch so viel vor und wollte von Kathmandu aus in ein anderes Gebiet fahren. Die Ereignisse überschlugen sich aber in den nächsten Tagen.
Wir holten in Namche Bazar unsere hinterlegten Sachen ab und dort waren alle Läden geschlossen. Auch die Lodges beherbergten niemanden mehr. Nur wer aus den Bergen kam und abwärts ging, durfte noch übernachten. In Nepal war der Lockdown ausgerufen. Der internationale Flughafen in Kathmandu war geschlossen und in den kleinen Flughäfen in Lukla oder Phablu verkehrte auch kein einziges Flugzeug mehr. Durch eine herrliche Landschaft, fast mutterseelenallein auf unseren Wegen, liefen wir in den Frühling. Vorbei am Flughafen Lukla, wir mussten ja noch unsere restliche Ausrüstung bei Tek in Nunthala abholen. 
   
Uns erreichte ein Aufruf der deutschen Botschaft in Kathmandu, dass sich alle ausreisewilligen Deutschen im Internet eintragen sollen. Auch Jonas hatte inzwischen mit seiner Familie Rücksprache gehalten und sah ganz langsam ein, dass es vielleicht keine so gute Idee ist, sich in der Wildnis zu verstecken bis der ganze Spuk vorbei ist. Wir waren schon kurz vor Nunthala, da erreichte uns die Mitteilung, dass wir für den Rückholflug der Bundesregierung am 27. März vorgesehen sind. Ab Lukla würde es einen Rettungsflug für deutsche Touristen geben. Das Flugzeug von Lukla haben wir dann ein paar Stunden später auch gesehen und der Botschaft habe ich mitgeteilt, dass wir unmöglich morgen in Kathmandu sein können.
Wir erreichten dann die Lodge in dem Dorf, in dem wir auf dem Hinweg Mothi besucht hatten. Mothis Schwager erkannte uns wieder und meinte, dass Tek und seine Frau Bhudda, hier im Dorf sind um Bhuddas Familie zu besuchen. Er rief gleich Tek an und der holte uns ab. Auch hatten wir die Mitteilung von den Einheimischen bekommen, dass die Brücke nach Nunthala vom Militär bewacht wird, damit keine Touristen sich im Land verteilen können. Alle sollen zum Flugplatz Lukla zurück und nach Kathmandu gebracht werden. Wir nahmen an den familiären Feierlichkeiten teil und übernachteten nochmal in der Lodge hier.
Am nächsten Morgen gingen wir mit Tek über die Brücke, es war keine Bewachung (mehr?) hier. Eine weitere Nacht in Teks Haus, wir konnten erstmal unsere Sachen wechseln, alles gut packen und den Jeep nach Salleri organisieren.


Bhudda kocht uns noch ein schönes Abendbrot. Am nächsten Tag brechen wir gemeinsam mit Tek im Jeep auf nach der Distrikthauptstadt Salleri. Dort stand schon ein Sanitätszelt und wir sollten alle Fieber messen. Allerdings wusste keiner, wie das Fieberthermometer zu handhaben ist. Jonas meinte es ist eines für das Ohr und die Schwester hielt es uns an die Stirne, aber es zeigte nichts Vernünftiges an.



Nun galt es eine Genehmigung zu erlangen für eine Jeepfahrt nach Kathmandu, da unser Gepäck unmöglich auf einer Zweitageswanderung nach Lukla transportiert werden kann. Wir hatten ja noch die ganze Filmausrüstung und die Zelt- und Kletterausrüstung von Jonas. Die Polizei hatte die Anweisung Distanz zu halten und die Verhandlungen erfolgten durch ein Tor getrennt. Zuerst wurde Tek von der Verhandlungsführerin richtig nieder gemacht. Sie war der Meinung, wir hätten nie hier sein dürfen. Alle Touristen hätten Lukla anzusteuern. Nach einer Stunde begann die zweite Phase der Verhandlung. Immerhin mussten wir schon unsere Pässe hineinreichen. Danach vergingen zwei Stunden, in denen nur andere Bitt- und Antragsteller abgearbeitet wurden. Dann wurde Tek wieder zum Tor gerufen. Er musste jetzt auch seine Legitimation hineinreichen und die Papiere des Jeepfahrers. Danach gingen wir erstmal Mittagessen. Zurück am Tor passierte erstmal lange nichts. Nach etwa sechs Stunden erfuhren wir von Tek, der immer wieder Fragen am Tor beantworten musste, dass es für uns ganz gut aussieht. Eine weitere Stunde verging noch, weil der Fahrer seine originale Fahrerlaubnis in Kathmandu gelassen hatte und nur eine Kopie dabei hatte. Das ging gar nicht. Tek musste einen anderen Fahrer organisieren.
Gegen Abend hatten wir dann endlich ein ordentlich abgestempeltes Papier bekommen. Der Start war dann früh in der Dunkelheit, damit niemand merkte, dass der Fahrer ohne originale Papiere dabei ist.  Nach viele Straßenkontrollen, bei denen unser Zettel sehr aufmerksam studiert wurde, Telefonate geführt wurden und wir schließlich noch einen Mundschutz bekamen, erreichten wir nach etwa zehn Stunden Kathmandu.
Für ein paar bewegte Bilder (schlechte Qualität - knapp 2 Minuten)obiges Bild anklicken. Gut zu sehen sind die leeren Straßen. In Kathmandu wäre sonst zu jeder Zeit Stop-and-Go angesagt. Auch kurz zu sehen: Von Kathmandu aus waren in den letzten 40 Jahren noch nie die Berge des Himalaya so klar.


Die Fahrt war wesentlich entspannter als fünf Wochen zuvor. Zum einen war überhaupt kein Verkehr, zum anderen fuhr der Fahrer auch sehr ordentlich, sodass auch die engste Kurve und der tiefste Abgrund nicht mehr furchteinflößend war. Die Straße wand sich auf einen Pass hoch, wo dass gesamte Khumbugebiet mit den berühmtesten Bergen noch einmal zu sehen war. 
  
Unser Papier galt genau bis hierhin, zum Tourist Board in Kathmandu. Hier mussten wir wieder ein neues Papier beantragen, dass uns erlaubt bis zum Flug in der Privatwohnung von Tek zu übernachten. Die meisten Hotels hatten geschlossen, es waren nur noch einzelne für Wartende geöffnet. Deshalb war diesmal die Genehmigung nicht so schwer zu erlangen. Tek hatte in seiner Stadtwohnung genügend Platz, weil außer seinen zwei Söhnen keiner mehr dort war. Die anderen Studenten waren aufgrund des Lockdown in ihre Heimatorte gereist. Tek musste sofort am nächsten Morgen mit dem Jeepfahrer zusammen wieder nach Nunthala zurück, denn als Pfand lag sein Ausweis auf der Polizeiwache in Salleri. Seinen Söhnen legte er sehr ans Herz, für uns gut zu sorgen.


Jeder von uns hatte sein eigenes Zimmer (hier ist meines abgebildet). Wir hatten nun Zeit. Nach vier Tagen kam die Nachricht, dass wir für den nächsten Flug vorgesehen sind. Sofort organisierten die beiden Brüder eine Abschiedsparty und auch ansonsten muss ich sagen, dass wir im Gegensatz zu anderen Touristen in den offiziellen Unterkünften riesige Vorteile hatten. Wir konnten sogar für eine Stunde am Tag um die Ecke zum Einkaufen gehen, wir waren ja offiziell Selbstversorger und länger hatten die Läden auch nicht geöffnet. Wir wurden rund um die Uhr hervorragend betreut. Danke an Binay und Nabin!
Der Treff den wir ansteuern mussten, um zum Flughafen zu gelangen, war etwa eine Gehstunde entfernt. Meine Reisetasche, die ich mit allen Utensilien mehr als vollgestopft hatte weil nur ein Gepäckstück erlaubt war, musste hinter mir herrollen. Wir hatten den Weg auf Google Maps eingespeichert, aber diese Strecke über unbefestigte Straßen und Hügel hat die Tasche und mich arg ramponiert.


Wartesaal im Flughafen Kathmandu.
Für ein kurzes Video, wo alle nochmal zittern mussten, ob sie bei diesem Flug nun auch wirklich mitfliegen, das Bild oben anklicken!
Danke auch an die Botschaft, die mit den wenigen technischen Möglichkeiten hervorragend organisiert und gearbeitet hat.
                                                                                                            - Ende - 
Fotos:  Uli Franke, Jonas Hünersen,