Der dritte Pass und Erlebnis Heimfahrt - Teil 4
Bericht: Uli Franke
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Am 21.
März waren wir gegen vier
Uhr zum Gipfel des Khala Pattar (5550 m) aufgebrochen und stellten
fest, dass wir mindestens zwei Stunden zu zeitig oben waren.
Nebenstehendes Foto schoss Jonas beim Abstieg. Gern hätte er
schon die
Sonne auf den durchgefrorenen Gliedern gespürt. Nach dem
Frühstück setzten wir unseren Weg erstmal bis Lobuche fort.
Dort gab es noch einen Tee. Die zwölf Kilometer bis Dzongla kamen
mir an diesem Tag unendlich vor. Der Weg ging zwar über lange
Strecken auf gleicher Höhe entlang, aber es war eben eine Höhe
um 5000 m. Nach dem üppigem Abendessen fiel ich gleich ins Bett,
wie oft lange bevor Jonas mir folgte. Ein
kurzes Video über eine andere Möglichkeit die
Seitenmoräne vom Gletscher zu überwinden - Bild oben links
anklicken! |
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Am nächsten Tag fühlte ich mich wie umgewandelt.
Das Wetter war fantastisch, jeder Schritt war voller Lust. So sollte
man ein langes, schwieriges Wegstück immer angehen. Nach kurzer
Zeit sahen wir schon die schräge Rampe vor uns. Dort lagerten
schon einige Pass-Aspiranten zum Luftschöpfen. Wir stiegen vorbei
und weitaus schneller und mit weniger Herzrasen als 2015 erreichten wir
den kleinen Gletscher, der oberhalb der Rampe beginnt und bis zum Cho
La (5420 m) führt.
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An
diesem schönen Tag trafen wir viele von denen wieder, die wir
schon bei der Passage des Kongma La oder am Everest kennengelernt
haben.
Unten: Der Gletscher war gut gespurt. Spalten gab es nur im
Randbereich. Am Ende des Gletschers führt seit diesem Jahr
ein mit einem Stahlseil gesicherter Aufschwung zum Pass. Dieses Seil
reicht
auf der anderen Seite des Passes noch einige hundert Meter hinunter.
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Gegen
10 Uhr waren wir auf dem Pass angekommen und nahmen unser zweites
Frühstück in Form von Keksen und Riegeln ein. Hier warteten
wir auch in der Sonne, bis alle da waren. Nach einer Stunde mit
angeregter Unterhaltung stiegen wir ab in Richtung Gokyo. Wir lagen gut
in der Zeit und waren bereits mittags in Dragnag. In dieser Lodge
wäre eigentlich diese Etappe zu Ende, aber mit unserer heutigen
Lust und Laune kommen wir auf jeden Fall noch im Hellen bis Gokyo. |
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Hier kann man gut
sehen, wie weit das Stahlseil über den steilen Hang nach unten
leitet. Es hat bei der Schneelage auch sehr gut geholfen. Fünf
Jahre vorher lag hier kein Schnee und wir sind mühsam von Block zu
Block den Geröllhang hinuntergestiegen. Da waren wir diesmal viel schneller.
Durch die Rinne (rechtes Bild) gelangen wir nach Dragnag. Ab hier
müssen wir nur noch ein paar Kilometer über den Ngzumba
Gletscher nach Gokyo. |
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Unsere spanischen,
österreicher, canadischen und amerikanischen Freunde haben uns an
der Seitenmoräne, am Ausstieg vom Gletscher, wieder ein. Sie waren
aber auch nicht zum Mittagessen.
Rechts daneben: Am nächsten Tag versuchten wir das Basislager des
Cho Oyu zu erreichen. Aufgrund der Schneemassen konnten wir den
normalen Weg unterhalb der Seitenmoräne nicht nutzen und so ging
es auf der Seitenmoräne in ständigem auf und ab, teilweise
bis zur Hüfte im Schnee. Nach fünf Kilometern war schon
Mittag. Wir sahen uns an, ein Drittel des Weges war erst bewältigt
und kehrten fast ohne Worte um.
Unten links: Unsere Lodge in Gokyo mit dem Cho Oyu am Tag unserer
Abreise. Am gestrigen Abend hatten wir hier ein kleines Erdbeben. Die
Lodge wackelte schon heftig, aber der Koch beruhigte uns, als wir alle
zur Tür stürzten. Sowas ist hier öfter mal.
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Unser Ausflug Richtung
Cho Oyu wurde wegen widriger Umstände abgebrochen, aber immerhin
waren wir den Spuren nach zu urteilen, am weitesten vorgedrungen. Am
nächsten Tag, wir waren da schon auf dem Rückweg nach Namche
Bazar, sahen wir den Cho Oyu wenigstens mal richtig, wenn wir schon das
Basecamp nicht erreichen konnten. |
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Der
nächste Tag brachte wieder Sonnenschein und auch viele
Nachrichten. Nepal hat das WLAN freigegeben und so hatten wir
plötzlich alle Handyempfang. Jetzt kamen die weltweiten Meldungen
über die Corona-Pandemie auch bei uns an. In der Lodge hingen alle
an den Nachrichten und langsam kam mir die Gewissheit, dass es jetzt
nur noch Richtung nach Hause gehen kann. Unser Trekking hier im
Khumbugebiet war für uns erfolgreich abgeschlossen, mit Tek kann
ich mich verständigen, dass ein weiteres Trekking nicht
möglich ist, wenn ich dann später vielleicht nicht mehr
zurückreisen kann. Nur Jonas war noch nicht soweit. Er hatte noch
so viel vor und wollte von Kathmandu aus in ein anderes Gebiet fahren.
Die Ereignisse überschlugen sich aber in den nächsten Tagen. |
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Wir
holten in Namche Bazar unsere hinterlegten Sachen ab und dort waren
alle Läden geschlossen. Auch die Lodges beherbergten niemanden
mehr. Nur wer aus den Bergen kam und abwärts ging, durfte noch
übernachten. In Nepal war der Lockdown ausgerufen. Der
internationale Flughafen in Kathmandu war geschlossen und in den
kleinen Flughäfen in Lukla oder Phablu verkehrte auch kein einziges
Flugzeug mehr. Durch eine herrliche Landschaft, fast mutterseelenallein
auf unseren Wegen, liefen wir in den Frühling. Vorbei am Flughafen
Lukla, wir mussten ja noch unsere restliche Ausrüstung bei
Tek in Nunthala abholen. |
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Uns erreichte ein Aufruf der
deutschen Botschaft in Kathmandu, dass sich alle ausreisewilligen
Deutschen im Internet eintragen sollen. Auch Jonas hatte inzwischen mit
seiner Familie Rücksprache gehalten und sah ganz langsam ein, dass es
vielleicht keine so gute Idee ist, sich in der Wildnis zu verstecken
bis der ganze Spuk vorbei ist. Wir waren schon kurz vor Nunthala, da
erreichte uns die Mitteilung, dass wir für den Rückholflug der
Bundesregierung am 27. März vorgesehen sind. Ab Lukla würde es
einen Rettungsflug für deutsche Touristen geben. Das Flugzeug von Lukla
haben wir dann ein paar Stunden später auch gesehen und der Botschaft
habe ich mitgeteilt, dass wir unmöglich morgen in Kathmandu sein können.
Wir erreichten dann die Lodge in dem Dorf, in dem wir auf dem Hinweg
Mothi besucht hatten. Mothis Schwager erkannte uns wieder und meinte,
dass Tek und seine Frau Bhudda, hier im Dorf sind um Bhuddas Familie zu
besuchen. Er rief gleich Tek an und der holte uns ab. Auch hatten wir
die Mitteilung von den Einheimischen bekommen, dass die Brücke
nach Nunthala vom Militär bewacht wird, damit keine Touristen sich
im Land verteilen können. Alle sollen zum Flugplatz Lukla
zurück und nach Kathmandu gebracht werden. Wir nahmen an den
familiären Feierlichkeiten teil und übernachteten nochmal in
der Lodge hier.
Am nächsten Morgen gingen wir mit Tek über die Brücke,
es war keine Bewachung (mehr?) hier. Eine weitere Nacht in Teks Haus,
wir konnten erstmal unsere Sachen wechseln, alles gut packen und den
Jeep nach Salleri organisieren. |
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Bhudda
kocht uns noch ein schönes Abendbrot. Am nächsten Tag brechen
wir gemeinsam mit Tek im Jeep auf nach der Distrikthauptstadt Salleri.
Dort stand schon ein Sanitätszelt und wir sollten alle Fieber
messen. Allerdings wusste keiner, wie das Fieberthermometer zu
handhaben ist. Jonas meinte es ist eines für das Ohr und die
Schwester hielt es uns an die Stirne, aber es zeigte nichts Vernünftiges an. |
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Nun galt es eine
Genehmigung zu erlangen für eine Jeepfahrt nach Kathmandu, da
unser Gepäck unmöglich auf einer Zweitageswanderung nach
Lukla transportiert werden kann. Wir hatten ja noch die ganze
Filmausrüstung und die Zelt- und Kletterausrüstung von Jonas.
Die Polizei hatte die Anweisung Distanz zu halten und die Verhandlungen
erfolgten durch ein Tor getrennt. Zuerst wurde Tek von der
Verhandlungsführerin richtig nieder gemacht. Sie war der Meinung,
wir hätten nie hier sein dürfen. Alle Touristen hätten
Lukla anzusteuern. Nach einer Stunde begann die zweite Phase der
Verhandlung. Immerhin mussten wir schon unsere Pässe
hineinreichen. Danach vergingen zwei Stunden, in denen nur andere Bitt-
und Antragsteller abgearbeitet wurden. Dann wurde Tek wieder zum Tor
gerufen. Er musste jetzt auch seine Legitimation hineinreichen und
die Papiere des Jeepfahrers. Danach gingen wir erstmal Mittagessen.
Zurück am Tor passierte erstmal lange nichts. Nach etwa sechs
Stunden erfuhren wir von Tek, der immer wieder Fragen am Tor
beantworten musste, dass es für uns ganz gut aussieht. Eine
weitere Stunde verging noch, weil der Fahrer seine originale
Fahrerlaubnis in Kathmandu gelassen hatte und nur eine Kopie dabei hatte.
Das ging gar nicht. Tek musste einen anderen Fahrer organisieren.
Gegen Abend hatten wir dann endlich ein ordentlich abgestempeltes
Papier bekommen. Der Start war dann früh in der Dunkelheit, damit
niemand merkte, dass der Fahrer ohne originale Papiere dabei ist.
Nach viele Straßenkontrollen, bei denen unser Zettel sehr
aufmerksam studiert wurde, Telefonate geführt wurden und wir
schließlich noch einen Mundschutz bekamen, erreichten wir nach
etwa zehn Stunden
Kathmandu.
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Für
ein paar bewegte Bilder (schlechte Qualität - knapp 2
Minuten)obiges Bild anklicken. Gut zu sehen sind die leeren
Straßen. In Kathmandu wäre sonst zu jeder Zeit Stop-and-Go
angesagt. Auch kurz zu sehen: Von Kathmandu aus waren in den letzten 40
Jahren noch nie die Berge des Himalaya so klar. |
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Die
Fahrt war wesentlich entspannter als fünf Wochen zuvor. Zum einen
war überhaupt kein Verkehr, zum anderen fuhr der Fahrer auch sehr
ordentlich, sodass auch die engste Kurve und der tiefste Abgrund nicht
mehr furchteinflößend war. Die Straße wand sich auf einen Pass hoch, wo dass gesamte Khumbugebiet mit den
berühmtesten Bergen noch einmal zu sehen war. |
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Unser
Papier galt genau bis hierhin, zum Tourist Board in Kathmandu. Hier
mussten wir wieder ein neues Papier beantragen, dass uns erlaubt
bis zum Flug in der Privatwohnung von Tek zu übernachten. Die
meisten Hotels hatten geschlossen, es waren nur noch einzelne für
Wartende geöffnet. Deshalb war diesmal die Genehmigung nicht so
schwer zu erlangen. Tek hatte in seiner Stadtwohnung genügend
Platz, weil außer seinen zwei Söhnen keiner mehr dort war.
Die anderen Studenten waren aufgrund des Lockdown in ihre Heimatorte
gereist. Tek musste sofort am nächsten Morgen mit dem
Jeepfahrer zusammen wieder nach Nunthala zurück, denn als Pfand
lag sein Ausweis auf der Polizeiwache in Salleri. Seinen
Söhnen legte er sehr ans Herz, für uns gut zu sorgen.
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Jeder
von uns hatte sein eigenes Zimmer (hier ist meines abgebildet). Wir
hatten nun Zeit. Nach vier Tagen kam die Nachricht, dass wir
für den nächsten Flug vorgesehen sind. Sofort organisierten
die beiden Brüder eine Abschiedsparty und auch ansonsten muss ich
sagen, dass wir im Gegensatz zu anderen Touristen in den offiziellen
Unterkünften riesige Vorteile hatten. Wir konnten sogar für
eine Stunde am Tag um die Ecke zum Einkaufen gehen, wir waren ja
offiziell Selbstversorger und länger hatten die Läden auch
nicht geöffnet. Wir wurden rund um die Uhr hervorragend betreut. Danke an Binay und Nabin!
Der Treff den wir ansteuern mussten, um zum Flughafen zu
gelangen, war etwa eine Gehstunde entfernt. Meine Reisetasche, die ich
mit allen Utensilien mehr als vollgestopft hatte weil nur ein
Gepäckstück erlaubt war, musste hinter mir herrollen.
Wir hatten den Weg auf Google Maps eingespeichert, aber diese Strecke
über unbefestigte Straßen und Hügel hat die Tasche und
mich arg ramponiert.
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Wartesaal im Flughafen Kathmandu.
Für ein kurzes
Video, wo alle nochmal zittern mussten, ob sie bei diesem Flug nun
auch wirklich mitfliegen, das Bild oben anklicken!
Danke auch an die Botschaft, die mit den wenigen technischen Möglichkeiten hervorragend organisiert und gearbeitet hat. |
- Ende - |
Fotos: Uli Franke, Jonas Hünersen,
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